Tipp 22 Was ist mit „Kill your Darlings“ gemeint?
Bevor du deinen Roman der Öffentlichkeit präsentieren kannst, musst du ihn mehrfach überarbeiten. Das bist du uns Lesern schuldig. Rechtschreibung und Grammatik müssen stimmen, er muss spannend und glaubwürdig sein, alle Handlungen, Probleme und Lösungen nachvollziehbar und die Figuren so emotional und vielschichtig, dass sie uns entweder Freund oder Feind sind.
Nun hast du vielleicht schon einmal vom Grundsatz „Kill your Darlings“ gehört? Gemeint ist damit, dass du deine Lieblingspassagen streichen sollst.
Hä? Als ich das erste Mal davon gelesen habe, dachte ich: so ein Blödsinn.
Naja.
Es ist unbestritten, dass jeder Autor seine Story und die Art, wie er sie geschrieben hat, liebt. Es ist sein Baby. Und da tut man sich schon schwer, wenn jemand daher kommt und sagt: och, das sieht aber langweilig aus. Schneid ihm doch die Ohren ab, damit es wenigstens etwas Besonderes an sich hat.
DAS ist natürlich mit „Kill your Darlings“ nicht gemeint.
Du möchtest aber einen spannenden, facettenreichen Roman schreiben, den der Leser nicht mehr aus der Hand legen will. Das wird dir jedoch nicht gelingen, wenn du dich in Nebenschauplätzen verlierst, besondere Figuren erschaffst, die schön, aber unnütz sind, oder Formulierungen drechselst, die der Leser zwar als poetisch, aber dennoch als Geschwafel empfindet.
Das muss raus.
Wenn du deinen Roman überarbeitest, musst du genau auf deine Darlings schauen. Wenn bestimmte Passagen oder Formulierungen die Handlung nur dehnen oder gar behindern, den Leser verwirren oder die Spannung stören, dann musst du sie ändern oder herausnehmen.
Das heißt ja nicht, dass du sie vernichten musst. Speichere sie in einer Datei. Vielleicht kannst du sie später noch einmal verwenden.
Frag dich bei jedem Satz, jeder Szene, was du damit bezwecken willst, wie die Passage die Handlung vorantreibt, die Spannung erhöht oder eine Situation dramatischer macht usw.
Kill your Darlings!