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Tipp 11 Welche Funktionen haben Dialoge und wie schreibe ich einen guten Dialog?


Dialoge haben mehrere Funktionen. Sie gestalten eine lebendige Handlung, lassen uns das Innenleben und die Gedanken der Figuren besser verstehen und sie transportieren Informationen, die der Leser benötigt.

Aus diesen Gründen gehören Dialoge unbedingt sowohl in eine Kurzgeschichte als auch in einen Roman.

Wenden wir uns zunächst der Sprache zu.

Wie im wahren Leben sollte jede Figur eine eigene Sprache besitzen, eine eigene Sprachmelodie, Lieblingsworte, eine gewisse Sprachfärbung usw., damit sie glaubwürdig wird.

Es versteht sich von selbst, dass in einem historischen Roman anders gesprochen werden muss, andere Worte verwendet werden, als zum Beispiel in einer Story, die in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts spielt. Natürlich können wir die mittelalterliche Sprache nicht eins zu eins verwenden, wir wollen ja, dass der Leser das Gesagte versteht. (Dies trifft übrigens auch für Dialekte zu). Dennoch muss deutlich werden, dass die verwendete Sprache in das jeweilige Zeitgeschehen passt. Ein Bauer aus dem 16. Jahrhundert spricht nun mal nicht wie ein Gangsterrapper aus den 90ern.

Je nach Herkunft der Figur, je nach Situation, in der sie sich befindet, muss die Sprache passend gemacht werden. Mit einem Erwachsenen reden wir zum Beispiel anders als mit einem Kind. Der Obdachlose wird sich unter Umständen einer Sprache bedienen, die seiner Situation entspricht. Der Professor wird sich im Kreis seiner Kollegen gewählter ausdrücken, zu Hause mit seiner Frau aber eine andere, privatere Sprache benutzen. Kurz, die passende Sprache gehört zu jeder Figur genauso wie ihr Aussehen.

Sprache dient deshalb auch zur Unterscheidung der Figuren. Selbst wenn ich als Autorin nicht explizit erwähne, wer spricht, sollte es an Hand der verwendeten Sprache zumindest zu ahnen sein.

Jede Person spricht anders. Manche schneller, manche rhythmischer, manche weicher. Das kann man im Buch leider nicht so darstellen (maximal explizit erwähnen).

Einige verwenden gern einleitende oder unterbrechende Füllwörter, wie „ähm“ oder „nicht wahr“, manche stottern, sprechen abgehackt oder sehr bedächtig. Viele sprechen einen Dialekt oder verwenden häufig Lieblingsworte wie „unglaublich“, „geil“, „Alter“, fluchen bei jeder Gelegenheit oder beantworten jede Frage mit einer Gegenfrage. Hinzu kommen noch sprachliche Eigenheiten durch Verletzungen oder Krankheiten, die das Sprechen erschweren, die Färbung des Gesagten durch die Vermischung unterschiedlicher Sprachen (Beispiel denglisch) usw.

Ich bin kein Sprachwissenschaftler, aber ich würde behaupten, dass jeder Mensch einzigartig spricht. Und dies sollte sich auch in deinem Text widerspiegeln. Du musst nun nicht jeder deiner Figuren sehr spezielle Eigenheiten in der Sprache zuordnen, aber es sollten eben auch nicht alle gleich sprechen. Du kannst gewissermaßen Figuren damit „kennzeichnen“. Es kann sich dabei durchaus auch um Nebenfiguren handeln, welche die Dialoge durch ihre Sprache abwechslungsreicher gestalten.

Viele tun sich schwer damit, einen flüssigen Dialog zu gestalten. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass sie über die Maßen sogenannte Inquits verwenden, formelhafte Redebegleitungen. So etwas wie: er sagte …,  … meinte sie, … erwiderte er usw.

Ja, so etwas kann man schreiben und ja, manchmal müssen wir es auch tun. Aber in der Regel können wir diese Inquits weglassen und unser Text wird viel eleganter und flüssiger.

Wie kann das gelingen?

Der Trick lautet: Binde deine Dialoge so in den Text ein, dass klar wird, wer spricht.

Beispiel:

Er beugte sich zu Karlchen und sah ihm in die Augen. „Karlchen, wenn ich dich noch einmal mit meinem Handy erwische …“

Karlchen schluckte. „Papa, das wollte ich doch gar nicht.“

Ist doch völlig klar, wer da jeweils spricht, oder? Und es ist auch klar, dass der Papa nicht in freudiger Erregung spricht und Karlchen gerade nicht in der Motzphase, sondern eher schuldbewusst ist.

Ich hätte natürlich auch schreiben können:

Er beugte sich zu Karlchen, sah ihm in die Augen und sagte: „Karlchen, wenn ich dich noch einmal mit meinem Handy erwische …“

Karlchen schluckte und sagte: „Papa, das wollte ich doch gar nicht.“

Entscheide selbst, welcher Text dir besser gefällt.

Ungeübte Autoren ersetzen das „sagte“ gerne auch durch Verben, wie „lächeln“:

„Wie bitte?“, lächelte sie zurück.

Er murrte: „Das weißt du genau.“  

Sie hoffen, damit ihre Dialoge abwechslungsreicher gestalten zu können.

Davon mal abgesehen, dass man einen Satz nicht lächeln und nicht murren kann, trägt die Formulierung dieses Dialogs auch nicht unbedingt zur Verbesserung der Handlung bei. Sie erzeugt keine Bilder. Menschen können auf vielerlei Arten lächeln und murren. Hier spielt Show don´t Tell eine nicht geringe Rolle, wenn wir unseren Dialog so illustrieren wollen, dass der Leser ein Bild vor Augen hat.

Zum Beispiel:

„Wie bitte?“ Sie hob die Mundwinkel an.

Ob das ein Lächeln sein sollte?

Seine Stimme wurde quengelig und sein Gesicht verzog sich, wie das eines unzufriedenen Kleinkindes.  „Das weißt du genau.“

Besser?

Manche Autoren nutzen Dialoge dazu, Rückschau auf Vergangenes zu halten oder, häufig in Krimis, um den Leser auf den aktuellen Stand der Ermittlungen zu bringen.

Zum Vergleich …

Beispiel 1: „Weißt du noch, als wir uns damals getroffen haben? Da war eine Kirche und ich sagte noch zu dir, dass ich die Bleiglasfenster so schön fand. Und dann hast du mir zu Weihnachten ein eigenes kleines Bleiglasfenster gebastelt. Das fand ich so süß von dir. Ich habe dir das nie vergessen, auch wenn du mir oft Anlass gegeben hast, an deiner Liebe zu zweifeln. Als du mit dieser Tussi geflirtet hast, da fragte ich mich das erste Mal, ob du mich noch liebst. Und dann, bei der Hochzeit von Erna und Gustav, da warst du wieder…“

Beispiel 2: Hauptkommissar Eddi Ernst rief die Kollegen in sein Büro. „Leute, wir haben einen Durchbruch geschafft. Der Täter ist ein Buchhalter, der in seiner Freizeit Teppiche knüpft.“

Max Molle fragte: „Teppiche? Was für Teppiche?“

Eddi Ernst erwiderte: „Na so bunte halt. So einen, wie den, in den die Leiche gewickelt war.“

Franzi Furz schaltete sich ein: „Ich habe mich gleich gewundert. Der sah nicht industriell angefertigt aus. Und das Labor meinte auch, der Wollanteil ist ungewöhnlich hoch.“ …

Beispiel 1 würde ich der Rubrik „Infodump“ zuordnen. Es sind zu viele Informationen und der Vortrag ist deutlich zu lang. Das kann man besser lösen.

Zuerst muss entschieden werden, wie wichtig die Information für die Handlung überhaupt ist. Danach kann man die erforderlichen Details an verschiedenen Stellen unterbringen. Zum Beispiel könnte die Protagonistin an einer Stelle der Story ein Zimmer betreten, das Bleiglasfenster sehen und sich erinnern. An anderer Stelle könnte sie beobachten, wie ihr Mann flirtet usw.

In diesem Beispiel würde ich den Dialog (hier eigentlich ja ein Monolog) ganz weglassen oder erheblich kürzen bzw. nicht nur eine Figur reden lassen.

Beispiel 2 ist auch nicht viel besser. Hier können wir allerdings nicht unbedingt auf Inquits verzichten, da mehr als zwei Leute sprechen. Wir können aber die Handlung zwischen den Sätzen etwas aufpeppen, indem wir die Leute etwas tun lassen. Mit dem Fuß wippen, sich mit der Hand durch die Haare fahren, mit dem Stift spielen, gestikulieren, mit den Gedanken abschweifen. Ein Teil der Information könnte durch ein Telefonat ans Licht der Welt kommen, das während der Beratung eingeht oder ein Kollege könnte ganz aufgeregt durch die Tür rufen usw.

Man hüte sich aber, diese Art der Informationsübermittlung zu strapazieren. Schließlich will der Leser doch mitermitteln/ mitfiebern und die Ergebnisse nicht einfach präsentiert bekommen. Außerdem wird es langweilig, wenn dauernd jemand mit dem Kuli spielt oder mit dem Fuß wippt, verstehst du?

Dialoge zeigen dem Leser auch zwischenmenschliche Beziehungen auf. Je nachdem, wie etwas gesagt wird und in welcher Situation, können Schlussfolgerungen darauf gezogen werden, wie die Sprechenden zueinander stehen. In Beispiel zwei kann ich vermutlich davon ausgehen, das ist ein Team, die gehen relativ locker miteinander um, die sind kommunikativ usw.

Arbeiten Autoren mit vielen Dialogen in ihrem Text, kann das für ein zügiges Vorankommen der Handlung und einen intensiven Informationsfluss sorgen. Auch die Satzlängen spielen hier eine große Rolle – siehe Tipp 16.  

Dialoge illustrieren allerdings das Setting, die Umgebung, nicht besonders gut und können daher für Verwirrung beim Leser sorgen. Zu lange Dialoge ermüden und nach einer Weile verliere ich persönlich manchmal die Übersicht, wer denn da nun spricht und wo die Handlung gerade stattfindet. Sind die noch im Keller oder befinden wir uns schon wieder oben im Hausflur? 

Die gute Mischung machts, finde ich.