Buchempfehlungen
Der Wald
„Der Wald“ von Werner Kopacka hat einen bleibenden Platz in meinem Bücherregal gefunden, weil es eine sehr hohe Handlungsdichte aufweist und die Handlung selbst äußerst ungewöhnlich ist.
Karl Fürst tötet in Notwehr einen Mann, der zuerst seinen Hund erschoss und dann ihn vernichten wollte. An Hand der Umstände vermutet er, dass er als Mörder gebrandmarkt werden wird und flieht unmittelbar aus der Situation heraus in ein unwegsames Waldgebiet. Der Winter steht vor der Tür und er führt keinerlei Hilfsmittel mit sich, kann keine Vorbereitungen treffen und hat nur das, was er auf dem Leib trägt bei sich.
Das fremde Gesicht
„Das fremde Gesicht“ von Mary Higgins Clark, erstmals veröffentlicht 1983, gehört zum Stamminventar in meinem Bücherregal. Die Autorin ist für mich die Altmeisterin der Thriller- und Kriminalliteratur. Bereits 1927 geboren, hat sie ohne entsprechende Ausbildung einen Schreibstil entwickelt, der auch heute noch für Spannung und rasante Handlungsabläufe steht. Ihren kleinen Tick, sehr gern und detailliert die Kleidung ihrer Figuren zu beschreiben, können wir da außer Acht lassen. Mary Higgins Clark war äußerst produktiv. Sie hat mehr als 50 Romane und Erzählungen geschrieben. Manche verzeichnen bereits die 75. Auflage – ihre Fangemeinde ist nach wie vor groß.
„Das fremde Gesicht“ handelt von einer jungen Frau, Meghan Collins, die durch Zufall dem Opfer eines Mordanschlages begegnet, das ihr fast aufs Haar gleicht. Hat ihr kürzlich verschwundener Vater ein Doppelleben geführt und noch andere Kinder, von denen sie nichts weiß? Und hat er möglicherweise etwas mit dem Mord an einer Ärztin zu tun, die an einer Klinik für künstliche Befruchtung arbeitet, über die Meghan gerade recherchiert? Welche Rolle spielt ein geheimer Verehrer und wie ehrlich ist ein alter Freund der Familie?
Die Autorin knüpft die Fäden mit ruhiger Hand, zieht uns immer mehr in die Handlung hinein und strafft das Geschehen dann so gekonnt, bis man es vor lauter Spannung kaum noch aushält.
Garou
Ein Schaf-Thriller. Geschrieben von Leonie Swann.
„Garou“ ist ein Buch, das auf seine Art absolut einmalig ist. Die Autorin schreibt aus Sicht von Schafen, denkt, wie ein Schaf und sieht die Welt mit den Augen eines Schafes bzw. einer Schafherde.
Diese versucht, einen Mord und jede Menge Ungereimtheiten aufzuklären und gerät dabei mitunter in gefährliche Situationen, aus denen sie nur mit viel Schläue und jeder Menge Dusel wieder herauskommt.
Leonie Swann schreibt auf so charmante Art mit Wortwitz, Herz und viel Gefühl für schäfisches Denken – einfach herrlich! Ich habe durchweg gegrinst und das Lesen hat unheimlich viel Spaß gemacht.
Das Buch ist natürlich keins von der Sorte, das man mal Zwischendurch so „durchzuutscht“, nee! Hier musst und kannst du nahezu jeden Satz genießen. Lies selbst. Ich habe einen kleinen Ausschnitt abgeschrieben:
Mopple graste einfach weiter, den Kopf tief im Schnee, und versuchte, den Ginsterbusch zu ignorieren.
„Psst!“, zischelte der Ginsterbusch. „Hierher Mopple the Wale!“
Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Frey
Rachel Joyce hat hier eine Geschichte vorgelegt, die ans Herz geht – nicht im romantischen Sinne, sondern im menschlichen.
Harold Frey ist ein unscheinbares Arbeitstier und lebt in einer Ehe, die im Prinzip keine mehr ist. Der Kitt dieser Ehe ist der gemeinsame Sohn, den beide Elternteile schmerzhaft vermissen und dessen permanente Abwesenheit seine Frau ihrem Mann Harold anlastet. Entsprechend kühl ist der Umgang miteinander. Das Dasein der beiden besteht nur noch aus Routine.
Eines Tages erhält Harold den Brief einer ehemaligen Kollegin, die er zwanzig Jahre lang nicht gesehen hat und die nun unheilbar an Krebs erkrankt ist. Harold weiß nicht, was er tun soll und formuliert unbeholfen eine Antwort, die aus wenigen Sätzen besteht. Während er zum Briefkasten läuft, um seine Antwort abzusenden, fallen ihm ein paar Situationen ein, in denen Queenie nett zu ihm war und er hat das Gefühl, er könne den Brief nicht in den erstbesten Briefkasten werfen. Also läuft er weiter bis zum nächsten und bis zum nächsten und bis zum nächsten…
Soweit die Füße tragen
Das Buch ist nahezu ein Klassiker. Bereits 1955 geschrieben, fasziniert es immer noch und wurde bereits mehrfach verfilmt.
Der Autor Josef Martin Bauer erzählt die Geschichte eines deutschen Soldaten, der 1945 in einem Massenprozess zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt wird. Er ist einer von mehr als 3 Millionen Kriegsgefangenen, die dorthin deportiert werden. Viele sterben schon auf dem Transport, viele Weitere überleben die in den Gefangenenlagern herrschenden unmenschlichen Bedingungen nicht. Nur wenigen gelingt die Flucht.
Bauer schildert die Deportation und das Lagerleben, die oft tödliche Zwangsarbeit in den dortigen Bleiminen und natürlich die Flucht seines Protagonisten, die mehr als drei Jahre andauert und sich über tausende von Kilometern erstreckt.
Obwohl inzwischen umstritten ist, dass alle Schilderungen auf wahren Begebenheiten beruhen, ist doch klar, dass sich Dieses oder Jenes im wahren Leben so abgespielt haben muss. Zahllose Erzählungen anderer Kriegsgefangener, denen das Überleben und die Heimkehr gelungen ist, bestätigen Wesentliches, so dass der Roman als eine Art Zeitzeugnis gelten kann und dies erklärt auch die Faszination, die er ausübt.
Der Talisman
Der Talisman ist eins meiner Lieblingsbücher, weil … Ja, da gibt es mehrere Gründe.
Von was handelt es eigentlich?
Quer durch die USA, aber auch quer durch ihre imaginäre, mittelalterliche Gegenwelt, genannt Die Region, führt die äußerst gefahrvolle Reise der zwölfjährigen Halbwaise Jack auf der Suche nach dem geheimnisvollen Talisman, der seine sterbenskranke Mutter zu retten verspricht. Jack muss das schwarze Haus erreichen, in dem sich der Talisman befinden soll und er muss Abenteuer bestehen, von denen ein Junge seines Alters nicht einmal träumen sollte.
Einer der Faktoren, die das Buch so sympathisch machen, ist Jack. Er ist nicht schlauer oder besser als andere Kinder seines Alters, sondern nur verzweifelter. Seine Entwicklung während der Reise zu verfolgen, seine Tiefen auszuloten, seine Ängste mitzuerleben, die sehr überzeugend und nachvollziehbar sind, aber auch zu sehen, wie Jack an den Herausforderungen wächst, hat etwas Magisches.
Bruder Cadfael und …
Ellis Peters historische Krimiserie rund um Bruder Cadfael umfasst zwanzig unterhaltsame Bände, die ich mehrfach gelesen habe. Ich bin immer noch und immer wieder begeistert.
Die Autorin wurde 1913 geboren und besaß deshalb den etwas blumigen Stil ihrer Zeit. Bei einem anderen Thema würden mich der von ihr gewählte Satzaufbau und die von Peters verwendete Wortwahl möglicherweise nicht ansprechen – hier passt es jedoch hervorragend.
Zentrale Figur ist Klosterbruder Cadfael. Er lebt in der Zeit um 1135 in der zur Gemeinde Shrewsbury gehörenden Abtei und ist für den Klostergarten und die Kräuterküche zuständig. Da in der Abtei Hochzeiten abgehalten werden, hochrangige Gäste logieren und allerlei Volk aus der Gemeinde und den umliegenden Dörfern, vom betuchten Händler bis zum Bettler, kommt und geht, bleiben natürlich auch zahlreiche Dramen nicht aus. Vom Diebstahl bis zum Mord geschieht hier so ziemlich alles, was passieren kann, wenn Menschen aufeinandertreffen.