Das Bild

Eins meiner Lieblingsbücher überhaupt ist „Das Bild“ von Stephen King, der das Thema „Häusliche Gewalt“ hier sehr packend und realitätsnah verarbeitet.
Die Hauptfigur Rosie wird darin von ihrem Ehemann Norman, einem Polizisten, jahrelang gequält und gedemütigt. Gerade weil er Polizist ist, baut er darauf, dass niemand Rosie Glauben schenken wird und redet ihr das auch erfolgreich ein.
Als Rosie es nach vierzehn Jahren doch schafft, völlig ohne Plan und nur mit dem, was sie auf dem Leib hat sowie mit einer kleinen Geldsumme zu fliehen, fühlt Norman sich herausgefordert und zieht alle Register, auch jene, die ihm beruflich zur Verfügung stehen, um Rosie aufzufinden. King schafft es, uns Rosie innerhalb der ersten Seiten emotional ans Herz zu legen. Dies gelingt ihm auch, weil wir wissen, dass es tausenden von Frauen genauso wie Rosie geht. Gestern, heute und morgen gab, gibt und wird es gewalttätige Ehemänner geben. Dieses Wissen verstärkt die Spannung und die Tiefe des Romans enorm.
Wir begleiten Rosie auf der Flucht, lernen ihre Ängste kennen, können ihre Todesangst nachfühlen und erleben, wie völlig Fremde ihr helfen. Rosie beginnt ein neues, sehr bescheidenes Leben. Sie gewinnt Freunde, die ihr beistehen, denn selbstverständlich weiß Rosie, dass Norman alle Hebel in Bewegung setzt, sie zu finden. Und dieses Mal wird er sie töten, das steht so fest, wie das Amen in der Kirche.
Einer der ersten Einrichtungsgegenstände in ihrem neuen Zuhause ist ein Bild und es wäre kein Buch von King, wenn es da nicht etwas mystisch zugehen würde. Mit Hilfe dieses Bildes, aber auch mit Hilfe ihrer neuen Freunde, lernt die verschüchterte und ängstliche Rosie, wieder für sich einzustehen. Sie will keine Angst mehr haben müssen. Wir begleiten ihren Lernprozess, den King sehr eindrucksvoll inszeniert.
Parallel dazu beobachten wir Norman, lernen seine Tricks und seine Gedankenwelt kennen und sehen zu, wie er die Angel nach Rosie auswirft. Das ist unheimlich spannend, denn natürlich hoffen wir, dass er Rosie nicht kriegen wird.
Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten, aber ich verspreche, es sind 574 Seiten, deren Lektüre sich lohnt.