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Gefühle beschreiben und was das mit „Show don´t tell“ zu tun hat
Aus meiner seelsorgerischen Praxis weiß ich, dass es vielen Menschen schwer fällt, das Gefühl und dessen Stärke konkret zu benennen, das sie gerade beherrscht. Mir geht es nicht anders, denn es ist alles andere als leicht.
Ja, wir wissen, ob wir traurig sind oder fröhlich. Auch Wut ist recht gut zu definieren, Verliebtsein oder Angst.
Darüber hinaus werden eher Begriffe gebraucht, wie „es geht mir schlecht, ich habe so einen Druck auf der Brust, ich fühle mich nicht wohl damit, ich weiß gar nicht, wohin mit mir“ usw. Mir hilft es dann, mit Beispielen zu arbeiten, denn mir ist wichtig zu wissen, welches Gefühl gerade in welcher Intensität bei meinem Gegenüber vorhanden ist. Fühlt sich die Einsamkeit an wie ein bodenloses Loch oder hat man eher das Gefühl, in einem kleinen Boot auf dem Ozean unterwegs zu sein? Ist die Angst so stark, dass man regelrecht bewegungsunfähig ist oder, wenn ich mir die Angst wie eine Mauer vorstelle, wie hoch ist diese dann? Hier arbeite ich gern mit plastischen Vergleichen und das kommt in der Regel gut an, weil die Menschen sich verstanden fühlen.
Vertrauen kontra Misstrauen
Kürzlich fragte ein anderer Autor, ob ich Situationen kenne, in denen ich zu vertrauensselig gewesen sei und ob es nicht besser wäre, grundsätzlich misstrauischer zu sein.
Spontan antwortete ich ihm, dass es wohl jeder kennt, wenn entgegengebrachtes Vertrauen missbraucht wird. Aber dass ich kein Leben wolle, in dem ich stets und ständig von Misstrauen geplagt wäre. Und als solche empfände ich es: eine Plage.
Natürlich ist es besser, wenn wir uns vorher überlegen, wem wir was erzählen. Der größten Dorftratsche sollte man nicht seine intimsten Geheimnisse anvertrauen, das ist wohl klar. Klar ist auch, dass wir in Zeiten von Fake-News und KI-generierten Bildern und Videos schon lieber 2x überlegen oder auch recherchieren sollten, wie hoch der Wahrheitsgehalt der Information sein kann – wenn uns dies wichtig genug ist. Dem gegenüber steht die Wahl, grundsätzlich alles misstrauisch zu beäugen. Das ist eine Vorstellung, die ich echt gruselig finde, denn Misstrauen ist ein recht negatives Gefühl. Aber es ist auch ein Mechanismus, der uns vor Verletzungen schützen soll.
Übergriffig
Dieses Thema habe ich mir ausgesucht, weil ich kürzlich einen Text las, der mich sehr angesprochen hat. Es ging darum, dass es sich verbietet, den Kleidungsstil anderer zu kritisieren oder Narben, Dehnungsstreifen, zuviel oder zu wenig Gewicht, die Frisur usw. zu kommentieren.
Was für uns selbstverständlich erscheint, ist es für viele Menschen offenbar nicht. Klar bilde ich mir meine Meinung, ich lästere auch gern mal oder rümpfe die Nase, wenn jemand sehr aus dem Rahmen fällt. Aber würde ich auf die Idee kommen, der jungen Frau, die vor mir in den Bus steigt, zu sagen, dass ihr Hinterteil in der schlabberigen Baumwollhose wie das eines Brauereipferdes aussieht? Nein.
Warum würde ich es ihr nicht sagen? Weil ich davon ausgehe, dass sie einen Spiegel zu Hause hat und selbst sehen kann, wie sie sich kleidet. Und offensichtlich gefällt sie sich so oder es gibt andere Gründe für ihre Kleiderwahl.
Menschliche Bedürfnisse
Neulich habe ich eine interessante Diskussion verfolgt. Es ging darum, ob literarische Figuren auch menschliche Bedürfnisse/Beeinträchtigungen verspüren dürfen – gemeint sind Harn- oder Stuhldrang, allergische Reaktionen, Jucken, Schnupfen, Müdigkeit, Hunger, Durst usw. – auch wenn es nicht für die Handlung erforderlich ist. Wie menschlich dürfen und sollen Figuren sein? Wenn zum Beispiel eine Karawane tagelang durch die Wüste wandert. Da frage ich mich doch automatisch, wie machen die das, wenn die mal müssen? Da ist ja kein Baum, hinter den sie sich mal eben setzen können. Dann wäre es schön, wenn der Autor eine Antwort parat hätte.
In actionreichen Filmen müssen die Helden äußerst selten aufs Klo, menstruieren nicht, ackern 36 Stunden ohne Müdigkeitserscheinungen oder ohne zu essen und zu trinken, weil es nicht in die Handlung passt. Dabei fände ich es schon witzig, wenn die Rettung der Welt sich um 10 Minuten verzögert, weil Superman mit Durchfall auf der Schüssel sitzt… Wäre doch nur menschlich, oder?
Und wenn ich diese Bedürfnisse in die Handlung einbaue, wie ausführlich darf’s denn sein?
Romantische Geschichten
Ein Erlebnis während meiner letzten Reha fand ich sehr beeindruckend.
Eine junge Therapeutin interessierte sich für mein Schreiben und bat mich während einer Behandlung, mal etwas zum Besten zu geben. Ich skizzierte eine kleine romantische Geschichte, die ich kürzlich geschrieben habe, freute mich über die Begeisterung der Therapeutin und vergaß die kleine Episode. Sie offenbar nicht.
Einige Tage später sprach mich eine fremde Patientin an, ob ich die Frau sei, die so schöne Geschichten schreibt. – Ja, bin ich. Sie hätte von dieser Liebesgeschichte gehört und alle am Tisch hätten mit Tränen in den Augen dagesessen. Und nun möchten sie gerne wissen, wie es ausgeht.
Ich habe es ihr natürlich gesagt und hatte anschließend stundenlang ein Grinsen im Gesicht. Sie hoffentlich auch. Ich war gleichzeitig erfreut, erstaunt und belustigt. Wie hatte meine Story so schnell die Runde machen können? Und wieso konnte sie fremde Menschen zu Tränen rühren?
Obwohl laut meiner Internetrecherche im deutschsprachigen Raum die Top-Genres Krimis und Thriller sind, erobert auch immer mehr das Genre Romance/ Romantik das Publikum. Mit Liebesgeschichten lässt sich gutes Geld verdienen. Aber warum ist das so?
Feiertage
Mit Blick auf die bevorstehenden Osterfeiertage schreibe ich heute einmal über „Feiertage“. Wer mir auf Instagram oder Facebook folgt, kennt meine Kolumne. Seit Oktober letzten Jahres schreibe ich dort fast täglich über „die etwas anderen Feiertage“, die international aber auch zum Teil nur in einzelnen Ländern begangen werden. Man findet da wirklich Einiges und zum Teil sehr Kurioses im Internet.
So gibt es zum Beispiel den Finde-dich-damit-ab-Tag, den Tu-etwas-Tag, den Mach-andere-glücklich-Tag, aber auch Tage, an denen wir uns bunt kleiden sollen, rückwärtsgehen oder über die Straße hüpfen sollen. Tage, an denen grüne Schuhe gefeiert werden, die Leberwurst hoch leben soll, die Erdbeere bejubelt wird und vieles mehr. Sogar den Tag des Furzes gibt es. Im Prinzip finden sich an jedem einzelnen Tag des Jahres mehrere Gründe, jemanden oder etwas zu feiern, dem wir sonst nicht so viel Beachtung schenken. Viele Feiertage sollen uns auch aufwecken, uns animieren, dem Alltagstrott zu entfliehen oder uns und unser Handeln in Frage zu stellen. Sie sollen uns inspirieren, auch mal etwas scheinbar Verrücktes zu tun. Erst das macht doch unser Leben bunt.
Einsamkeit Teil 2
Eure vielen Kommentare, Anregungen und Fragen zeigten mir, dass das Thema Einsamkeit interessant ist, auch wenn es uns aktuell vielleicht nicht betrifft. Aber jeder hat schon Situationen oder Phasen erlebt, in denen er sich einsam gefühlt hat – und das war keine schöne Erfahrung.
Kürzlich sah ich im Fernsehen einen Beitrag über eine junge Münchnerin, die über Social Media zu einem Spaziergang gegen Einsamkeit eingeladen hat. Sie hatte die Idee aus dem Ausland mitgebracht, wo sie guten Anklang fand. Nun… In München kamen statt der erwarteten etwa 20 Personen letztendlich 250, zumeist junge Frauen, die Anschluss suchten und nun auch fanden. Experiment gelungen und für so gut befunden, dass es wiederholt werden soll.
Für mich wurden hier zwei Dinge deutlich. Zum Einen gab es jemanden, der eine Möglichkeit zum Kennenlernen geschaffen hat, ganz simpel und ohne großen Aufwand. Die Initiatorin reichte Betroffenen sozusagen die Hand zur Selbsthilfe. Zum Anderen haben die Teilnehmer ihre innere Hürde genommen und den Schritt gewagt, auf wildfremde Personen zu treffen, ohne zu wissen, wie sie wahrgenommen werden oder ob sie ins Gespräch kommen können.