Einsamkeit Teil 2

Eure vielen Kommentare, Anregungen und Fragen zeigten mir, dass das Thema Einsamkeit interessant ist, auch wenn es uns aktuell vielleicht nicht betrifft. Aber jeder hat schon Situationen oder Phasen erlebt, in denen er sich einsam gefühlt hat – und das war keine schöne Erfahrung.
Kürzlich sah ich im Fernsehen einen Beitrag über eine junge Münchnerin, die über Social Media zu einem Spaziergang gegen Einsamkeit eingeladen hat. Sie hatte die Idee aus dem Ausland mitgebracht, wo sie guten Anklang fand. Nun… In München kamen statt der erwarteten etwa 20 Personen letztendlich 250, zumeist junge Frauen, die Anschluss suchten und nun auch fanden. Experiment gelungen und für so gut befunden, dass es wiederholt werden soll.
Für mich wurden hier zwei Dinge deutlich. Zum Einen gab es jemanden, der eine Möglichkeit zum Kennenlernen geschaffen hat, ganz simpel und ohne großen Aufwand. Die Initiatorin reichte Betroffenen sozusagen die Hand zur Selbsthilfe. Zum Anderen haben die Teilnehmer ihre innere Hürde genommen und den Schritt gewagt, auf wildfremde Personen zu treffen, ohne zu wissen, wie sie wahrgenommen werden oder ob sie ins Gespräch kommen können.
Eine gute Freundin sagte mir zum Thema, dass sie das Gefühl hat, es gehöre großes Selbstbewusstsein dazu, andere Menschen anzusprechen und da ist auch etwas dran. Ein nicht so gutes Selbstbewusstsein ist neben vielen anderen Gründen sicher eine Ursache für Einsamkeit. Meine persönliche Meinung ist jedoch, dass zunächst der unbedingte Wille da sein muss, aktiv etwas gegen die Einsamkeit tun zu wollen. Je stärker der Wunsch nach Kontakten und menschlicher Zuwendung ist, desto eher sind wir vielleicht bereit, innere Hürden niederzureißen und auch ein Scheitern unseres Versuchs zu riskieren. Natürlich wird nicht jede Kontaktaufnahme positiv enden. Unsere Einsamkeit löst sich nicht von jetzt auf gleich in Luft auf, es ist ein Prozess, den wir da beginnen und durchlaufen müssen. Und da kann eine ganze Menge schief gehen. Ja, das ist so. Das nennt sich: Leben.
Es gibt immer wieder Dinge, die wir besser können oder welche, die uns schwerfallen. Aber allen anderen geht es doch ganz genauso! Indem wir Dinge ausprobieren, auch Scheitern oder Ablehnung riskieren, lernen wir dazu, wissen beim nächsten Mal, was wir vielleicht anders machen müssen. Möglicherweise hängt der Erfolg auch davon ab, welche Ansprüche oder Erwartungen wir an uns selbst haben. Müssen wir immer perfekt und erfolgreich sein? Nein, ganz und gar nicht. Ich fühle mich in der Nähe von vermeintlich perfekten Menschen zum Beispiel nicht wohl. Mir sind diejenigen lieber, die ebenso unperfekt sind, wie ich.
Diejenigen, die aus gesundheitlichen oder psychischen Gründen die größten Schwierigkeiten haben, Kontakt mit anderen aufzunehmen, sind vielleicht die Menschen, bei denen wir am besten ankern können, wenn wir selbst aus der Einsamkeit herauswollen. Schaut euch mal um. Vielleicht könnt ihr jemand sein, der die Hand reicht?
Ansonsten gibt es so viele Möglichkeiten, Menschen kennenzulernen, Orte, an denen es ganz normal ist, dass neue Leute dazustoßen. Vereine, ehrenamtliche Tätigkeiten, Kurse an der Volkshochschule, Lesungen, Vorträge usw. Wichtig ist, dass ihr regelmäßig und in etwa zu den selben Zeiten dort seid, da dann die Chance am größten ist, immer auf den gleichen Personenkreis zu treffen und Beziehungen zu entwickeln.
Das Thema möchte ich schließen mit den Personen, die – wie ich in Teil 1 schon angedeutet habe – zwar unglücklich über ihre Einsamkeit sind, aber sich strikt dagegen wehren, etwas zu unternehmen, um Kontakte zu knüpfen. Ich kann deren Einstellung nicht verstehen, sie sehen und errichten sich selbst überall Hürden und obwohl der Leidensdruck ganz sicher groß ist, wollen sie ihre Perspektive nicht verrücken. Wie groß muss die Angst vorm Scheitern sein? Das ist mir ein Rätsel. Ich wünsche diesen Menschen jedoch, dass irgendetwas passiert, dass ihre Sicht auf die Dinge verändert. Das Leben kann so schön sein. Warum wollen wir es mit Einsamkeit vergeuden?