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Zeit verschenken


In meiner neuen Geschichte „Glühweinzauber“ habe ich etwas verarbeitet, was mir in Anbetracht all der Menschen, die geschäftig die Weihnachtstage vorbereiten und dafür sorgen, dass der Gabentisch auch ja nicht leer bleibt, immer häufiger verloren zu gehen scheint: Aufmerksamkeit. Aufmerksamkeit, auch für die Nöte anderer.

Ja, uns erreichen gerade zur Weihnachtszeit viele Spendenaufrufe und manchem kommen wir auch nach. Ich spende regelmäßig für SOS Kinderdorf, für meinen Tierschutzverein und kürzlich habe ich Tasso e.V. eine Spende überwiesen. Auch unsere neue Anthologie (siehe Bild), für die zahlreiche Autoren ihre Geschichten und die Einnahmen spenden, ist gerade erschienen und bedenkt in diesem Jahr den Oldenburger Straßenengel e.V., der sich um Obdachlose kümmert.

Aber das meine ich nicht, wenn ich schreibe, dass die Aufmerksamkeit für die Nöte anderer meiner Meinung nach zu kurz kommt. Mit Erschrecken habe ich kürzlich gesehen, was Eltern und Großeltern für Berge aus einem Spielzeugladen herausgeschleppt haben. Es war der reine Wahnsinn! Und was in den Körben lag… In Plastik eingepacktes Plastikspielzeug, teuer, pädagogisch unnütz und schon gar nicht nachhaltig. Schon unsere Kleinsten werden zu Konsumenten erzogen, denen das Plastikding (für den Moment) wichtiger ist, als Zwischenmenschliches. Oder glaubt ihr, dass auch nur 1 Prozent der Kinder, die so maßlos beschenkt werden, mal eine Suppenküche von innen gesehen oder einen einsamen Menschen im Altersheim besucht hat?


Ich will den Kindern die Freude am Weihnachtsfest nicht nehmen. Dennoch finde ich, dass weniger mehr ist. Warum schenken wir unseren Kindern neben einem kleinen Spielzeug nicht Zeit und Aufmerksamkeit? Denn das ist es, was Kinder neben Liebe wirklich brauchen. So können wir ihnen (und auch uns) Freude machen und ihnen ein Gefühl dafür vermitteln, was im Leben wichtig ist. Grad Kinder sind ja auch aufgeschlossen, Neues kennenzulernen. Ihnen zu zeigen, dass es anderen Menschen schlecht(er) geht und man ihnen im Kleinen helfen und für sie da sein kann, das erfüllt den Gedanken des Weihnachtsfestes mehr als der Inhalt aller Spielzeugläden dieser Welt. Und es prägt Kinder für die Zukunft viel besser, als etwas, das nach wenigen Tagen nicht mehr beachtet wird.

Und noch etwas… Für unsere Anthologie „Winterzeit ist Lesezeit“, die uns nach Meinung der Leser sehr gut gelungen ist, habe ich 2 Geschichten gespendet. „Die Schokoladenmaus“ ist euch vielleicht noch bekannt aus dem „Almanach erstaunlicher Geschichten“.

Es war einfach zu schade, sie in der Versenkung verschwinden zu lassen.

Völlig neu ist allerdings die Geschichte „Das Weihnachtsgeschenk“, in welcher der übergewichtige und unglückliche Harold seine Jugendliebe Annette wiedertrifft. Der Anlass, einen fettleibigen Protagonisten auszusuchen, war der, dass dicke Menschen häufig keinen Eingang in die Literatur finden, oft nur als Nebenfigur, meist eher nicht sehr sympathisch dargestellt. Jemand über den wir lachen und Witze reißen können.

Meine Geschichte rund um Harold und Annette soll aber ebenfalls illustrieren, dass die Erfüllung materieller (und meist nicht notwendiger) Wünsche zweitrangig ist. Wusstet ihr, dass in Deutschland pro Kopf mehr als 500 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgegeben werden? Ist das nicht Irrsinn? Und dann gibt es Streit und Tränen, weil Erwartungen enttäuscht werden und der Druck so groß ist, dass die Freude am Miteinander völlig zu kurz kommt.

Wenn wir uns darauf konzentrieren, für unsere Lieben da zu sein, ihnen zuhören, sie wertschätzen, sie wahrnehmen und ihnen unsere Zeit und Liebe schenken, dann ist das aus meiner Sicht mehr wert, als die goldene Uhr oder die Luxushandtasche.

Natürlich sind kleine Geschenke erfreulich. Da genügt aber die selbstgemachte Praline, der selbst hergestellte Likör, das kleine Spielzeug oder der von Oma gestrickte kuschelige Schal, der mir zeigt, dass der Schenker an mich gedacht hat.

Harold in meiner Geschichte bekommt das Geschenk der Liebe, weil Annette nicht über ihn urteilt oder ihn verändern will, sondern ihn als Mensch sieht. Alles andere ist nur die äußere Hülle. Und wer Liebe von Herzen verschenkt, bekommt sie doppelt zurück, das ist ja keine neuen Weisheit.

In diesem Sinne: verschenkt bitte Zeit und Aufmerksamkeit!

Ich wünsche euch ein frohes Fest, viel Wärme und Gemütlichkeit, Zuneigung, Liebe und schöne Stunden im Kreis eurer Familie.